Mercedes-Benz 500 E – der „Wolf im Schafspelz“ der Baureihe 124 ist begehrter Youngtimer
25 Jahre ist es nun her, dass auch in der bis dahin eher biederen Mittelklasse „Power-Limousinen“ eingeführt wurden. Im Vergleich zur „unteren Mittelklasse“ (heute C-Klasse), bei der das Sportmodell mit Spoilerwerk und Rennsport auf sich aufmerksam machte (190 E 2.3-16 und folgende) ist der im Oktober 1990 vorgestellte Mercedes-Benz 500 E mit V8-Motor mit seiner dezent muskulös gezeichneten Karosserie ein eher „leiser“ Vertreter seiner Zunft. Und längst einer der begehrtesten Youngtimer der Marke.
Der Wolf im Schafspelz
Auf den ersten Blick ein zurückhaltender Aufritt – das ist der Mercedes-Benz 500 E einerseits. Nur etwas voluminösere Kotflügel, eine leicht tiefer gelegte Karosserie und eine modifizierte Bugschürze mit eingelassenen Nebelleuchten unterscheiden ihn von den übrigen Modellen der Baureihe 124. Andererseits hat er aber diesen Motor: Achtzylinder in V-Bauweise, 5 Liter Hubraum, 326 PS (240 kW) stark. Damit ist die Limousine ein Wolf im Schafspelz. Nur 6,1 Sekunden benötigt er für den Spurt von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf 250 km/h begrenzt – Fahrleistungen, die eines Sportwagens würdig waren. Ein Porsche 911 (Baureihe 964, 3,6 Liter Sauger) brauchte damals mit Tiptronic (aus Vergleichsgründen zum Automatikgetriebe des 500E) 6,6 Sekunden für den Sprint auf 100 KM/h 6,6 Sekunden und fuhr 256 KM/h schnell.
Nur 10.479 Stück
Die Kombination aller Zutaten und Eigenschaften macht die Faszination aus, die der 500 E bis heute ausstrahlt. Und der Ruf, dass der Motor „unkaputtbar“ sei. Längst ist die Power-Limousine einer der begehrtesten Youngtimer der Marke mit dem Stern. Nur 10.479 Exemplare werden bis 1995 gebaut – gezählt zusammen mit dem E 60 AMG, mit dem er in einer Produktionsstatistik geführt wird. Der erste 500 E kostet 134 520 DM – mehr als doppelt so viel wie ein 300 E. Zuletzt sind es 145.590 DM für einen E 500, wie er seit 1993 heißt. Somit wundert es nicht: Gut erhaltene 500 E/E 500 sind selten. Der Markt ist leider recht unübersichtlich, die Angebote liegen zwischen 15.000 und 50.000 Euro, die Tendenz ist über die letzten Jahre aber steigend.
Power-Limousine mit hohen Alltagsqualitäten
Doch wer ein Exemplar erwirbt, hat eine Power-Limousine mit hohen Alltagsqualitäten.
Motor und Viergang-Automatikgetriebe stammen aus dem 500 SL. Dabei werden im 500 E mehrere Neuerungen wirksam: In ihm kommt erstmals der so genannte Einheitsdeck-Motor zum Einsatz – ein Kurbelgehäuse sowohl für das 4,2- als auch das 5,0-Liter-Aggregat. Dadurch gerät der 5,0-Liter-Motor um 16,5 Millimeter niedriger als bei seiner Premiere im 500 SL (R 129) eineinhalb Jahre zuvor. Kürzere Pleuel lassen das Hub-Bohrungsverhältnis beibehalten. Außerdem löst im Typ 500 E die Einspritzanlage Bosch LH-Jetronic mit elektronischer Steuerung und Luftmassenmessung die bisher verwendete mechanisch-elektronische KE-Einspritzung ab. Ab Oktober 1992 wird die Motorleistung auf 320 PS (235 kW) leicht zurückgenommen, um den Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffemissionen zu verringern. Im Vergleich zum 500 SL hat der 500 E eine kürzere Achsübersetzung (1:2,82), was der Beschleunigung zugutekommt. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei beiden Modellen elektronisch auf 250 km/h begrenzt.
Fertigung in kleiner Stückzahl bei Porsche
Der 500 E entsteht in enger Zusammenarbeit mit Porsche: Der ebenfalls in Stuttgart ansässige Sportwagenhersteller wird von Mercedes-Benz schon sehr früh mit ins Boot geholt, um die eigenen begrenzten Entwicklungskapazitäten aufzustocken. Die Fertigung findet dann zweigeteilt statt: Die Rohkarosserie wird im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen gefertigt und nach Zuffenhausen gebracht. Dort wurden alle Teile, die vom „normalen W124“ abwichen (Kotflügel, Stehwand, Vorderbau usw.) montiert und diese Rohkarosse nun wieder nach Sindelfingen transportiert. Dort erfolgte die Lackierung die Endmontage erfolgte dann wieder bei Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen. Zwei Gründe kommen dafür zusammen. Zum einen ist der Sportwagenhersteller zu Beginn der 1990er-Jahre wirtschaftlich angeschlagen und konnte einen Fertigungsauftrag gut gebrauchen. Zum anderen passte die relativ geringe Stückzahl ideal zu den Fertigungsabläufen von Porsche, so dass die Produktion des 500 E dort sehr gut aufgehoben war.
Die kraftvolle Limousine macht 1993 die letzte Modellpflege der Baureihe 124 mit. Die erste Änderung betrifft den Namen: Die mittlere Klasse heißt nun E-Klasse, und wie bei den anderen Modellreihen wird die Klassenbezeichnung vorangestellt und das bisherige „E“ für Einspritzer weggelassen, wodurch der 500 E zum E 500wird.
Das äußere Designs wird modernisiert, dafür sorgt der neue Kühlergrill, der von der Motorhaube umrahmt in diese eingebettet ist. Geändert wurde bei den Limousinen auch das Heck. Der Kofferraumdeckel und die beiden Kotflügel zeigen nun Kanten mit einem größeren Radius, auch die Fläche um das Nummernschild herum ist modifiziert.
Die Ausstattung des 500 E/E 500 entspricht dem Anspruch, das Spitzenmodell der Baureihe zu sein: Sie ist für damalige Verhältnisse umfangreich. Technik wie etwa die serienmäßige Antriebs-Schlupf-Regelung (ASR) ist angesichts der schieren Kraft keine Spielerei, sondern eine angenehme Notwendigkeit.
Die Fertigung des E 500 läuft im April 1995 aus, die Baureihe 210 steht schon zur Nachfolge der Baureihe 124 bereit und wird im Juni 1995 präsentiert. Nicht wenige Kunden bedauern, dass sie kein Exemplar erworben haben.
E 50 AMG (W 210) als Nachfolger
Die Nachfrage nach solch einer Sportlimousine bleibt bestehen, und so ist ein besonders leistungsstarkes Modell seither fester Bestandteil nahezu aller Baureihen von Mercedes-Benz –Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner AMG, der ab Anfang 1999 in der Tochtergesellschaft Mercedes-AMG GmbH aufgeht. So debütiert auf der Internationalen Automobil-Ausstellung im September 1995 der E 50 AMG als Nachfolger des 500 E.
Der Mercedes-Benz 500 E in der Presse
Auto, Motor und Sport, Heft 25/1990: „Gutmütig wie ein Märchenonkel, agil wie ein flinker Sportwagen und etwa auch noch komfortabel? Jawohl, das ist die überraschendste Komponente des Fahrwerks. Trotz straffer Abstimmung absorbieren Federn und Dämpfer Unebenheiten so manierlich, dass selbst verwöhnte Zeitgenossen wenig Grund zum Nörgeln haben.“
Road & Track, Heft 5/1992: „Der 500 E ist eine prächtige Hochleistungslimousine mit ganz besonderen Eingeweiden. Er sieht perfekt aus (niedrig, einschüchternd, aber nicht auffallend, wie der AMG „Hammer“ oder Mercedes eigener 600 SEL). Er klingt großartig (nichts schlägt den Donner eines großen V8). Er geht sündhaft schnell für eine viertürige Familienlimousine (155 Meilen pro Stunde, elektronisch begrenzt). Er hat alles, was man von einem Mercedes erwartet. Und ein paar Dinge, die man nicht erwartet. Vor allem größere Mengen an Pferdestärken und ein Verhalten, das sagt … nun, Sie kennen das Wort.“ („The 500 E is a magnificent high-performance sedan that’s heavy on the visceral. It looks right (low slung, intimidating, but not showy, like the AMG Hammer or Mercedes’ own 600 SEL). It sounds great (nothing beats the thunder of a big V-8). It goes sinfully fast for a family 4-door (155 mph, electronically limited). It has everything you’d expect in a Mercedes. An a few things you wouldn’t. Mostly, gobs of horsepower and an attitude that says … well, you know the word.”)
(Quelle der Daten: u.a. Daimler AG)
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