Neuer Vierzylinder-Diesel: Premiere in der Mercedes-Benz E-Klasse

Der neue Vierzylinder-Diesel OM 654 markiert den Start einer neuen Motorenfamilie bei Mercedes-Benz. Seine Weltpremiere feiert der erste Vollaluminium-Diesel-Vierzylinder von Mercedes-Benz als E 220 d in der neuen E-Klasse im Frühjahr 2016.

Mercedes-Benz Vierzylinder-Diesel, OM 654 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz Vierzylinder-Diesel, OM 654 (Bild: Daimler AG)

Die modular aufgebaute Motorenfamilie wird breite Verwendung im gesamten Portfolio von Mercedes-Benz Cars und Vans finden. Geplant sind mehrere Leistungsstufen sowie Längs- und Quereinbau in Fahrzeugen mit Front-, Heck- und Allradantrieb. Zielsetzung bei der neuen Motorengeneration war es auch, die Zahl der Varianten soweit wie möglich zu reduzieren. Die kompakten Abmessungen des Motors ermöglichen mehr Flexibilität in der Anpassung an unterschiedliche Fahrzeugtypen. Baureihenübergreifend wurden die Schnittstellen zwischen Antriebseinheit und Fahrzeug vereinheitlicht. Insbesondere alle Elemente der Abgasnachbehandlung sind jetzt direkt am Motor selbst angeordnet, nicht mehr am Fahrzeug.

  • Die wichtigsten Innovationen des neuen Motors:
  • Erstmals Vollaluminium-Bauweise beim Vierzylinder-Diesel
  • Stahlkolben mit Stufenmulden-Brennverfahren, NANOSLIDE® Zylinderbeschichtung, Common-Rail-Einspritzung der vierten Generation
  • Anordnung aller Abgasreinigungstechnologien direkt am Motor
  • Deutlich leichter und kompakter: 168,4 kg vs. 203,8 kg (-17%), zwei Liter Hubraum statt 2,15 Liter, Zylinderabstand 90 mm vs. 94 mm
  • Niedrigeres Geräuschniveau und Top-Schwingungskomfort durch eine Vielzahl von Maßnahmen

Abgas-Emissionen: Für die Zukunft gerüstet

Der neue Dieselmotor ist auf die zukünftige Emissionsgesetzgebung (RDE – Real Driving Emissions) ausgelegt. Außerdem stand bei der Entwicklung der WLTP-Zyklus (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) im Blickpunkt, der gegenüber dem NEFZ-Messzyklus zum Ziel hat, dass die Werte für Norm- und Realverbrauch künftig nahe beieinander liegen.

Alle für die effiziente Emissionsminderung relevanten Komponenten sind direkt am Motor verbaut. Unterstützt durch Isolationsmaßnahmen und weiterentwickelte Katalysatorbeschichtungen kann ein motorseitiges Temperaturmanagement im Kaltstart- und Niedriglastbetrieb vollständig entfallen. Neben den Vorteilen bei den Emissionen ergeben sich daraus Verbrauchseinsparungen insbesondere bei kurzen Wegstrecken. Durch die motornahe Anordnung hat die Abgasnachbehandlung einen geringen Wärmeverlust und optimale Arbeitsbedingungen.

Der neue Motor verfügt über eine Mehrwege-Abgasrückführung (AGR). Sie kombiniert die gekühlte Hochdruck- und Niederdruck-AGR. So können bereits die Rohemissionen des Motors im gesamten Kennfeld bei verbrauchsoptimaler Lage des Verbrennungsschwerpunkts deutlich weiter abgesenkt werden.

Das Abgas aus dem Abgasturbolader gelangt zunächst in einen Diesel-Oxidations-Katalysator. Es passiert weiter den Fallstrommischer, in dem die AdBlue® Flüssigkeit mit Hilfe eines wassergekühlten Dosiermoduls beigemischt wird. Durch eine speziell entwickelte Mischstrecke gelingt es, die AdBlue® Flüssigkeit auf kürzestem Weg im Abgasstrom zu verdampfen und sehr gleichmäßig auf der Oberfläche des folgenden sDPF (Partikelfilter mit Beschichtung zur Verminderung von Stickoxiden) zu verteilen. Hinter dem sDPF ist noch ein SCR-Katalysator zur weiteren katalytischen Reduktion der Stickoxide angeordnet. Erst danach gelangt das gereinigte Abgas in die Auspuffanlage.

Niedrigeres Geräuschniveau und Top-Schwingungskomfort durch eine Vielzahl von Maßnahmen

Der seit 2008 gebaute aktuelle Vierzylinder OM 651 ist der Motor mit den höchsten Stückzahlen in der Geschichte von Mercedes-Benz. Er ist erhältlich von der A- bis zur S-Klasse, in der V-Klasse und im Transporter Sprinter. Auch das macht die Neuentwicklung so signifikant, denn die Verbesserungen der Effizienz haben so einen unmittelbaren Einfluss auf den Flottenverbrauch von Mercedes‑Benz.

Die Daten des neuen Motors im Vergleich zum Vorgänger

Motor   220 d OM 654 220 d Vorgänger OM 651
Zylinderzahl/Anordnung   4/Reihe
Ventile pro Zylinder   4
Hubraum pro Zylinder cm³ 487,5 537
Hubraum cm³ 1950 2143
Zylinderabstand mm 90 94
Bohrung mm 82 83
Hub mm 92,3 99
Hub/Bohrung 1,12 1,193
Pleuellänge mm 140 144
Nennleistung kW/PS 143/195 125/170
bei 1/min 3800 3000-4200
Max. Drehmoment Nm 400 400
bei 1/min 1600-2400 1400-2800
Spezifische Leistung kW/l 72 58,3
Verdichtung 1: 15,5 16,2
Abgasnorm EU6 EU6
Motorgewicht (DIN) kg 168,4 203,8
Mercedes-Benz Vierzylinder-Diesel, OM 654 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz Vierzylinder-Diesel, OM 654 (Bild: Daimler AG)

Vollaluminium-Bauweise

Der erste Vollaluminium-Diesel-Vierzylinder von Mercedes-Benz wiegt in der 143-kW-Variante 168,4 kg und damit 35,4 kg (17 Prozent) weniger als das Vorgängeraggregat mit 125 kW. Vergleicht man statt des DIN-Gewichts den lauffähigen Motor mit allen Nebenaggregaten, beträgt die Gewichtseinsparung sogar 46 kg.

Wesentliche Faktoren zur Senkung des Gewichts waren die Reduzierung des Hubraums, der Übergang von der zweistufigen zur einstufigen Aufladung, das Kurbelgehäuse aus Aluminium einschließlich NANOSLIDE®-beschichteter Zylinderlaufbahnen und die beiden Motorträger aus Kunststoff.

Senkung des Verbrauchs: Weniger Reibung, bessere Verbrennung

Eingebaut in einem vergleichbaren Fahrzeug, verbraucht der neue Motor rund 13 Prozent weniger Kraftstoff als sein Vorgänger. Verantwortlich dafür ist neben der optimierten Luftführung auf der Ansaug- und Abgasseite und dem Einsatz der Common-Rail-Einspritzung der vierten Generation mit Drücken bis zu 2050 bar die Reduzierung der internen Reibleistung um rund 25 Prozent. Erreicht wurde dies durch

  • flache Stahlkolben mit innovativen Stufenmulden und langen Pleuel
  • NANOSLIDE® Beschichtung der Zylinderlaufbahnen
  • vielfältige Detailmaßnahmen, etwa beim Nockenwellenantrieb

Ungewöhnliche Kombination: Alu-Gehäuse und Stahlkolben

Auf den ersten Blick scheint die Kombination von Alugehäuse und Stahlkolben ungewöhnlich. Denn Stahl dehnt sich bei Hitze weniger aus als Aluminium, leitet die Wärme schlechter und ist schwerer. Deshalb werden bislang Alukolben verwendet. Die Stuttgarter Motorkonstrukteure münzten diese scheinbaren Nachteile allerdings in Vorteile um. Beispielsweise sorgt die geringere Ausdehnung von Stahl bei steigenden Betriebstemperaturen für wachsendes Spiel zwischen Kolben und Alugehäuse und reduziert damit die Reibung um 40 bis 50 Prozent. Die gegenüber Aluminium höhere Festigkeit von Stahl erlaubt gleichzeitig sehr kompakt gebaute, leichte Kolben, die sogar zusätzliche Festigkeitsreserven bieten. Schließlich führt die geringere Wärmeleitfähigkeit von Stahl zu erhöhten Bauteiltemperaturen und verbessert so den thermodynamischen Wirkungsgrad mit höherer Zündwilligkeit und reduzierter Brenndauer.

Die flachen Stahlkolben ermöglichen eine Verlängerung des Pleuels auf 154 mm. Zusammen mit der Schränkung des Triebwerks konnten die Kolbenseitenkräfte so – abhängig vom Betriebspunkt – um bis zu 75 Prozent reduziert werden.

Durch die Kombination der innovativen Stahlkolben mit der weiter entwickelten NANOSLIDE®Laufbahnbeschichtung ergeben sich Verbrauchs- und CO2-Emissionsvorteile von bis zu vier Prozent. Dabei sind die Verbrauchsvorteile im für den Alltag wichtigen unteren und mittleren Drehzahlbereich noch deutlicher.

Modularer Aufbau

Die Motorenfamilie ist modular aufgebaut: Durch den einfachen Tausch von Einzelmodulen können Varianten abgeleitet werden, ohne komplett neue Aggregate entwickeln zu müssen.

Baureihenübergreifend wurden die Schnittstellen zwischen Antriebseinheit und Fahrzeug vereinheitlicht. Insbesondere alle Elemente der Abgasnachbehandlung sind jetzt am Motor selbst angeordnet, nicht mehr am Fahrzeug.

Mercedes-Benz Vierzylinder-Diesel, OM 654 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz Vierzylinder-Diesel, OM 654 (Bild: Daimler AG)

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