Der Kotflügel: Schutz-Schutz, Design-Ikone, notwendiges Übel… von allem etwas…
Im Mercedes-Benz Museum sind derzeit „33 Extras“ – vom Damenhut bis zum Wackeldackel zu sehen. Hier werden einige Details zur Geschichte der Exponate erklärt, die man vielleicht bisher nicht wusste… Ein Exponat dieser „33 Extras“ ist der Kotflügel…
…denn was hat ein einzelner Kotflügel in einer Museumsvitrine zu sagen? Er betont, wie wichtig dieses unscheinbare Bauteil ist. Zwar hat sich sein Erscheinungsbild über die Jahrzehnte erheblich gewandelt. Doch bis zum heutigen Tag schützt er Insassen und Automobile vor aufgewirbeltem Straßenschmutz und Nässe. Man denke an die Regen-Rennen und Formel-Rennwagen – dann weiß man wieder, dass die Teile im Straßenverkehr durchaus Sinn machen….
Zur Herkunft des Namens
Über den Rädern der ersten Automobile wölben sich anfangs noch schmale Bänder aus Blech oder Holz. Wegen ihrer eleganten, an Vogelschwingen erinnernden Form werden sie Flügel genannt. Sie schützen gegen Verschmutzungen aller Art, wie etwa die Hinterlassenschaften von Pferden, die bei der Geburt des Automobils im Jahr 1886 noch die wichtigste Antriebskraft im Straßenverkehr sind.
Integration in die Karosserie
Ab dem 20. Jahrhundert sind sie gestalterisch immer enger mit der Hauptkarosserie verbunden und werden schließlich vollständig in diese integriert.
Geschwindigkeit und Ästhetik
Auch moderne Fahrbahnen machen den Kotflügel nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil, denn auf modernen Straßen können Autos schneller fahren als je zuvor. Und mit steigendem Tempo schleudern die Reifen umso stärker Nässe und Staub auf. Dieser Zusammenhang lässt den Kotflügel zu einem Liebling der Automobildesigner in den 1920er- und 1930er-Jahren werden. Seine langgezogenen Linien, dynamischen Kurven und expressiven Wölbungen erzählen von der Geschwindigkeit und Ästhetik des temporeichen Fahrens. So sind die von Mercedes-Benz hergestellten schönsten Karosserien jener Zeit weit entfernt vom nüchternen Grundgedanken des Kotflügels als Spritzblech. Sie lassen das Automobil ein Kunstwerk sein….
Einfluss der Aerodynamik
Der Kotflügel entwickelt sich bei Personenwagen und Nutzfahrzeugen ständig weiter. Auch die Aerodynamik spielt bei dieser Evolution eine zunehmende Rolle. Ein frühes Beispiel dafür ist das strömungsoptimierte Design von Fahrzeugen wie dem Mercedes-Benz 540 K Stromlinienwagen und dem Mercedes-Benz 320 „Autobahnkurier“ mit ihren fließenden Formen. Beide Fahrzeuge haben freilich noch klar von der Karosserie abgegrenzte Kotflügel. Ab den 1950er-Jahren hält mit den Mercedes-Benz Personenwagen die Pontonform Einzug. Beginnend mit den Nutzfahrzeugen folgt in den 1960er-Jahren mit dem kubischen Design eine neue Formensprache.
Ausnahme Motorsport
Formel-Rennfahrzeuge haben bis heute meist freistehende Räder, damit der Motorsportler Kurven exakt anpeilen kann. Der Mercedes-Benz W 196 R aus den Jahren 1954/1955 geht da einen anderen Weg: Dieses Formel-1-Fahrzeug gibt es sowohl mit freistehenden Rädern als auch mit einer über die Räder reichenden Stromlinienkarosserie. Je nach Rennstrecke spielt die Rennabteilung die besondere Stärke der besseren Aerodynamik aus.
Kotflügel als Designelement
Der Kotflügel, früher freistehendes Element, wird in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts endgültig in die Karosserie integriert. Seine Gestaltung ist dennoch variantenreicher als je zuvor: beispielsweise vom Radhaus mit frechem Lidstrich beim 300 SL (W 198) und 190 SL (W 121) aus dem Jahr 1954 über die elegant den nordamerikanischen Zeitgeist aufgreifenden Peilstege der „Heckflossen“-Limousinen bis zu den glattflächigen Formen der klassisch-modernen Kompaktklasse der Baureihe W 201 reicht das Portfolio der Stilisten.
Kotflügel sind innerhalb des Gesamtdesigns zu jeder Zeit ein wichtiges Element. Durch die Mercedes-Benz vielen unterschiedlichen Mercedes-Modelle ist die Formen- und Stilvielfalt heute größer als je zuvor in der Markengeschichte.