Sportlich, leicht, kurz und sicher – der SLK setzt 1996 Maßstäbe
Die Geschichte des SLK startet eigentlich schon in den 1980er Jahren. Es wird ein Nachfolger für den SL der Baureihe R129 gesucht und dabei verschiedene Varianten angedacht. Eine zum Beispiel als reiner 2-Sitzer, etwas kürzer und sportlicher als der bisherige SL. Das Fahrzeug wird dann auch schon auf Basis des „190ers“ (W201) gezeichnet und berechnet – doch dann kommt es wegen der massiven Kritik und vor allem wegen massiver Kostenüberschreitungen bei der damals aktuellen S-Klasse der Baureihe W140 zu einem Führungswechsel in der Entwicklungsabteilung bei Mercedes-Benz und der „kleine SL“ liegt erst einmal auf Eis.
Neuer Entwicklungschef wird 1992 ein gewisser Dr. Dieter Zetsche, der das angestaubte Image der Marke mit dem Stern in den kommenden Jahren ordentlich „abstauben“ sollte…
So wurde für Zetsche auch das Projekt „kleiner SL“ aus der Schublade geholt und präsentiert – und das passte genau zu dem, was er sich vorstellte. Dieser Roadster passt perfekt in die Zeit: Offene Zweisitzer erleben Anfang der 1990er Jahre eine starke Renaissance. In Westeuropa steigen die jährlichen Zulassungszahlen in diesem Marktsegment von 11.300 im Jahr 1992 auf 98.500 Fahrzeuge im Jahr 1995.
Die Entwicklung – nun auf W202 (C-Klasse) Basis – konnte durchstarten und dank eines netten Besuchers auf der Retro Classics, gibt es vom Bau der SLK-Prototypen auch ein paar Bilder, die uns zur Verfügung gestellt wurden.
Seinen Namen erhält der Roadster dann während der Konstruktionsphase, als ihn Ingenieure als „SL kurz“ bezeichnen, wenn sie über das neue Auto sprechen. Tatsächlich ist die Baureihe R 170 mit einer Karosserielänge von 3.995 Millimetern rund 500 Millimeter kürzer als die SL-Roadster der damals aktuellen Baureihe R 129.
Appetit auf den Roadster machte diese Studie, die im April 1994 in Turin präsentiert wurde. Sie basiert auf einem Entwurf des Designers Michael Mauer und kommt dem Serienmodell bereits sehr nahe. Mauers Modell mit kurzen Überhängen vorn wie hinten in Verbindung mit einem vergleichsweise langen Radstand zeigt auch schon weitere Details, von der Motorhaube mit „Powerdomes“ bis hin zu einer markanten Abrisskante am Heck.
Eine zweite Studie zeigt im Herbst 1994 in Paris dann nicht nur das Variodach, sondern zudem eine abwechslungsreiche Innenraumgestaltung. Von 1996 an macht der SLK-Seriensportwagen mit einem überraschend bunten und vielfältigen Interieur samt erfrischender Außenfarben auf sich aufmerksam. Zwar wird der dabei in Serie verwendete „Softlack“ noch für manchen Restaurierungsbedarf sorgen, aber die poppig-knalligen Farben waren damals etwas ganz Neues unter den Sternen…
Weltpremiere in Turin
Vor 25 Jahren, am 22. April 1996, wird dann die Serienversion des SLK auf dem Autosalon in Turin vorgestellt.
Der SLK (Baureihe R 170) verwandelt sich dank seines Variodachs in weniger als einer halben Minute vom offenen Fahrzeug in ein Coupé mit festem und geräuschdämmendem Stahldach.
„Trick mit dem Knick“: das Variodach
Das faltbare Stahldach des SLK als Alternative zum klassischen Stoffverdeck ist ein herausragendes und vielbeachtetes Technikmerkmal des Roadsters. Die Idee ist nicht neu in der Automobilbranche, doch bei den wenigen Konstruktionen zuvor senkt sich das komplette Dach in den Kofferraum und beansprucht somit sehr viel Raum. Die Mercedes-Benz Ingenieure revolutionieren das Konzept mit einem Verfahren, intern als „Trick mit dem Knick“ bezeichnet: Das Dach aus Stahl- und Glaselementen faltet sich nach hinten unter die in Fahrtrichtung geöffnete Kofferraumklappe. So ist ein kurzes Karosserieheck möglich, und selbst im offenen Zustand bleibt im Kofferraum noch Platz für Gepäck.
Eine Elektrohydraulik choreografiert mithilfe von fünf Hydraulikzylindern den Öffnungs- und Schließvorgang. Vor dem Serienanlauf müssen 30 Prototypen jeweils 20.000 Mal den Öffnungs- und Schließprozess über sich ergehen lassen. Auf zehn Jahre hochgerechnet entspricht das einem täglich sechsmaligen Öffnen und Schließen des Dachs. Die Bedienung ist simpel: Per Schalter auf der Mittelkonsole lässt sich der SLK binnen 25 Sekunden von einem Coupé in einen Roadster verwandeln – oder umgekehrt.
Sicherheit wird groß geschrieben
Der SLK überzeugt auch bei allen relevanten Crashtests bis hin zum Überschlag, das Sicherheitskonzept setzt damals in seiner Klasse Maßstäbe. Auffallend sind zwei stabile Überrollbügel als Insassenschutz im Fall eines Überschlags. Rohrverstärkte A-Säulen ergänzen die Schutzwirkung. Darüber hinaus ist der SLK serienmäßig mit Airbags, Gurtstraffern und Gurtkraftbegrenzern ausgerüstet. Die neu entwickelte Ellipsoid-Stirnwand als Teil der Vorderbaustruktur vergrößert beim Frontalaufprall den vorderen Deformationsbereich. Dadurch sinkt die Gefahr, dass der Fußraum eingeengt wird. In Crashtests erfüllt der SLK die Mercedes-Benz eigenen Vorgaben und übertrifft so die gesetzlich vorgeschriebenen Werte.
Ein Leichtbaukonzept unter anderem mit Magnesium reduziert zudem das Gewicht der Basisversion des SLK 200 auf 1.270 Kilogramm.
Vier- und Sechszylindermotoren in der Baureihe R 170
Zunächst wird der Roadster in Deutschland als SLK 200 (100 kW/136 PS) sowie als SLK 230 Kompressor (142 kW/193 PS) angeboten. Daneben gibt es noch eine Export-Version, den SLK 200 Kompressor (nur für Spanien, Italien. Portugal du Griechenland) mit 141KW/192PS).
Nach der Modellpflege im Jahr 2000 ergänzen die Sechszylindermodelle SLK 320 (160 kW/218 PS) und SLK 32 AMG (260 kW/354 PS) das Portfolio.
Der SLK trägt in Summe wesentlich zum Boom offener Fahrzeuge der 1990er- und 2000er-Jahre bei. Zeitweise ist dieser Mercedes-Benz das meistverkaufte Fahrzeug mit Faltverdeck in Deutschland. Für die Marke ist der SLK von großer Bedeutung, denn er spricht eine jüngere und lifestyleorientierte Käuferschicht an. Im Rückblick sagt das damalige Mercedes-Benz Vorstandsmitglied Jürgen Hubbert: „Die Modelle SLK, CLK oder die M-Klasse haben viel zu einem neuen Image von Mercedes-Benz beigetragen.“
Vom SLK der Baureihe R 170 entstehen bis 2004 im Werk Bremen 311.222 Fahrzeuge.
SLKs der ersten Baureihe sind bereits recht beliebte Youngtimer. So schreibt das Fachmagazin „Motor Klassik“ im April 2019: „Die erste SLK-Baureihe (R 170) war ein Bestseller und hat das Zeug zum Klassiker.“
Die Nachfolger
Im Januar 2004 stellt Mercedes-Benz den nachfolgenden SLK der Baureihe R 171 vor. Ein Highlight ist der optional lieferbare AIRSCARF. Diese Neuheit befördert zwischen Sitzlehne und Kopfstütze Warmluft in den Nackenbereich der Insassen und ermöglicht in Verbindung mit dem serienmäßigen Windschott offenes Fahren auch bei niedrigen Außentemperaturen.
Außerdem kommt mit dem SLK 55 AMG der einzige Achtzylinder seiner Klasse auf den Markt.
Von der Baureihe R171 werden insgesamt rund 245.000 Fahrzeuge gebaut.
Die dritte SLK-Generation (R 172) kommt im Jahr 2010 auf den Markt. Sie wird 2016 in SLC umbenannt und bis 2020 hergestellt. Rund 153.500 Fahrzeuge der Baureihe R172 werden gefertigt, insgesamt sind also rund 710.000 „kleine SL“ gebaut worden.