Formel 1 2022: das neue Reglement und der Mercedes-AMG Petronas W13
Christian Dann formulierte es in einem Interview treffend: was gut, spannend und interessant aussieht bei den neuen Formel 1 Boliden ist das eine. Entscheidend ist aber, was am Ende schnell ist… und das wird sich wohl erst nach den Tests und zu Beginn der neuen Saison wirklich zeigen.
Rückblick: (Ex-)Rennleiter Masi und ein Videoschiedsrichter
Bevor wir zu den wichtigsten neuen Regeln kommen, noch ein kleiner Blick zurück auf das Saisonfinale 2021. Denn nach wie vor muss man festhalten, dass das Rennen eigentlich mit dem Sieger und Weltmeister Hamilton an der Spitze hinter dem Safety Car hätte beendet werden müssen. So wäre es regelkonform gewesen.
Dass sich der Rennleiter Michael Masi darüber hinwegsetzte (oder die Regeln „freestylte“, wie Toto Wolff es nannte) und so Max Verstappen zum Weltmeister machte, sorgte für einigen Wirbel und – berechtigten – Protesten des Mercedes-Teams. Nun ist Michael Masi seinen Job los und wird ersetzt durch den ehemaligen DTM-Rennleiter Niels Wittich, der sich mit Eduardo Freitas in dieser Position abwechselt. Ihnen zur Seite steht als „Senior Advisor“ Herbie Blash. Ebenso soll ein „Video-Schiedsrichter“ – vergleichbar mit dem im Fußball – bei der Formel 1 Einzug halten.
Ob ein „Kölner Keller“ im Motorsport für weniger Diskussionen sorgen wird, darf gespannt abgewartet werden…
Das Reglement
Zunächst werden die Autos schwerer – das Mindestgewicht liegt nun bei 795 KG (bisher 752). Es dürfen weniger leichte Materialien eingesetzt werden, zudem kommen größere Räder und mehr Einheitsteile.
Aerodynamik – Ground Effect
Knifflig ist vor allem die neue Aerodynamik. Hier kehrt der „Ground Effect“ zurück, bei dem ein Großteil des Anpressdrucks über den Unterboden generiert wird.
Dadurch verlieren Anbauteile („Flügel“) an Bedeutung, was für weniger Luftverwirbelungen sorgt. Und das soll dazu führen, dass nachfolgende Fahrzeuge besser folgen können, sprich, die Rennen spannender werden. Denn bisher verliert ein F1-Renner 50% Abtrieb, wenn er seinem Gegner mit einer Wagenlänge folgt – das war schon enorm („Dirty Air“).
Außerdem sollen die Fahrzeuge erheblich robuster sein, so dass ein verlorenes Flügelchen nicht wieder rennentscheidend sein soll…
Räder und Reifen
Die Zeit der 13“-Reifen sind nun auch in der Königsklasse des Motorsports vorbei, gefahren wird künftig auf 18“ Niederquerschnittreifen, wie wir sie seit Jahren optisch aus dem „Alltag“ kennen. Die Gummis stammen von Pirelli, die Felgen von BBS Japan.
Mit einher geht bei dieser Entwicklung, dass die Bremsscheiben größer werden und der Raddurchmesser insgesamt ansteigt (5,5 cm).
Die Felgen bekommen einen „Klodeckel“, also Radkappen, die verhindern sollen, dass Luftverwirbelungen der Räder von den Aerodynamikern genutzt werden können.
Außerdem wird das wohl ein Handicap für die Boxen-Crews – die neuen Räder sind nicht so schnell zu greifen…
Motor- und Getriebeentwicklung: eingefroren
Das Design des Getriebes ist für 5 Jahre eingefroren, erst danach kann eine Neukonstruktion eingesetzt werden.
Ähnliches gilt bei Motor. 1,6 Liter mit Turbo und rund 1.000 PS Leistung bleiben, die Motoren müssen zum Saisonstart abgenommen werden und werden dann für 4 Jahre konstruktiv eingefroren, eine Weiterentwicklung ist also nicht wirklich erlaubt.
Hier wird sich zeigen, ob im Regelwerk nicht noch ein Schlupfloch gefunden wird…
Alles in Allem soll es also kostengünstiger und spannender werden.
Das wäre schon mal ein guter Ansatz – ob es am Ende spannende Rennen gibt oder wieder eine Prozession, in der der „Kölner Keller“ mit einem Regel-freesylenden Rennleiter für die Aufreger sorgt, bleibt abzuwarten.
Den Technikern zur Folge gab es solch gravierende Änderungen im Regelwerk noch nie, beim neuen Mercedes-AMG Petronas W13 soll bis auf das Lenkrad kein einziges Teil wie beim Vorgänger-Modell sein.
Also – schau’n mer mal – oder auch: „Gentlemen, start your engines!“.