Pioniere der Mobilität – Rund um die Daimler Hauptversammlung ohne Zahlen

Die Geschäftszahlen von Daimler wurden hinlänglich veröffentlicht, das kann ich mir an dieser Stelle schenken. Interessant für Anleger und Fans der Marke waren daher die Ausführungen von Vorstandschef Dr. Dieter Zetsche über das „wie, wohin und wann“.

„Wir sind und bleiben Pioniere der Mobilität“, sagte Zetsche auf der Hauptversammlung, was sich markig anhört aber strategisch durchdacht ist. Denn damit zeigt sich, dass Daimler in Zukunft das menschliche Grundbedürfnis befriedigen möchte, mobil zu sein. Heute mit Autos, in Zukunft vielleicht mit fliegenden Untertassen. Dass Daimler nicht nur Autos baut, sondern mobil macht, zeigen die Aktivitäten bei car2go oder auch die moovel Plattform, mit der man unter Einbeziehung sämtlicher Verkehrsmittel (ÖPNV, Taxi, car2go) am schnellsten von A nach B kommt.

„Ich glaube an das Pferd“ – oder auch nicht…

Der Daimler Vorstandschef hat (wieder) gut Lachen: Dr. Dieter Zetsche bei der Hauptversammlung der Daimler AG 2016 in Berlin (Bild: Daimler AG)
Der Daimler Vorstandschef hat (wieder) gut Lachen: Dr. Dieter Zetsche bei der Hauptversammlung der Daimler AG 2016 in Berlin (Bild: Daimler AG)

An dieser Aussage sieht man, dass Mobilität in (ferner) Zukunft nicht unbedingt per Auto erfolgen muss. Ebenso wenig wie man mit der Konzentration auf „Mobilität“ an einem bestimmten Produkt klebt, ist man bei Daimler auch noch nicht festgelegt, was denn der „Antrieb der Zukunft“ werden soll. Auch das wird im Vergleich zu Tesla immer wieder bemängelt – andererseits hat Tesla noch keinen Cent Geld verdient und wird getragen von einer Euphoriewelle der Kapitalgeber. Damit kann man aber nicht 300.000 Mitarbeiter und deren Familien weltweit ernähren. Daimler tut also gut daran, nicht nur auf ein Pferd zu setzen.

Denn wie man schon von Kaiser Wilhelm II lernen konnte („das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung. Ich glaube an das Pferd!“) ist das mit dem Pferd eben so eine Sache, die nicht unbedingt zukunftsfähig sein muss.

Kurz- und Mittelfristig wird Daimler den überwiegenden Teil seiner Brötchen mit Fahrzeugen verdienen und dafür sieht man sich gut aufgestellt. Anstelle sich bei den Antrieben in einer Nische zu profilieren, hat Daimler das Thema „autonomes Fahren“ auf immer volleren Straßen, die Digitalisierung der Fahrzeuge (und damit die Anpassung an die Lebenswirklichkeit vieler Menschen) als seine Speerspitze entdeckt und positioniert sich als Innovationsführer. Denn Daimler hat ja nicht nur PKW, sondern bringt die System auch beim LKW in Serie. Das soll dazu führen, dass die immer größeren Lademengen effizienter über die Straßen rollen, als bisher. So fahren in dieser Woche 3 vernetzte LKW autonom von Stuttgart nach Rotterdam.

Aber auch in der Struktur hat sich bei Daimler viel verändert in den letzten Jahren. Fahrzeuge werden auf den Kontinenten produziert, auf denen sie auch zum Einsatz kommen. Die Idee der Produktionsnetzwerke scheint sich auszuzahlen, denn Daimler verkauft seine Autos nicht nur wie niemals zuvor, sondern verdient damit auch Geld.

Pioniere der Mobilität

2016 feiert Daimler das 130. Jubiläum der Erfindung des Automobils und das 120. Jubiläum der Erfindung des Lastkraftwagens. „Es geht darum, die Chancen zu nutzen, die Veränderungen mit sich bringen.“ sagt Zetsche.

Daimler baut sein Kerngeschäft weiter aus und nutzt so weltweite Wachstumschancen. Wichtigster Wachstumstreiber ist weiterhin China – mittlerweile der größte Markt für Mercedes-Benz Cars. „Für weiteres Wachstum dort sind zwei Dinge entscheidend: die richtigen Produkte und unsere lokale Produktion“, begründet Zetsche seine Zuversicht, in China weiter stärker zu wachsen als der Markt. 2015 wurden 15 neue oder überarbeitete Modelle in den chinesischen Markt eingeführt, rund zwei Drittel der in China verkauften Pkw werden vor Ort produziert. Weltweit ist Mercedes-Benz die wachstumsstärkste Premiummarke. „Und damit das so bleibt, halten wir das Tempo unserer Modelloffensive hoch“, sagt Zetsche. 2016 werden insgesamt rund ein Dutzend neue oder überarbeitete Pkw-Modelle eingeführt.

Diesel, Abgaswerte, Abgastests und eine fragwürde Anzeige

Trotz der aktuellen Diskussion um Dieselantriebe treibt Daimler die Diesel-Technologie weiter voran. Zetsche: „Bei Mercedes glauben wir an den Diesel. Und an die Ingenieurskunst.“ Wenn der verkehrsbedingte CO2-Ausstoß schon kurzfristig weiter sinken solle, seien Dieselmotoren unverzichtbar.

Abgastests und Anzeige gegen Daimler

„Unsere Fahrzeuge sind auf Basis der geltenden Rahmenbedingungen in den einzelnen Regionen zertifiziert und zugelassen.“ sagt Zetsche und das entspricht auch allem, was man an Informationen zu dem Thema bekommen kann. Dass die Tests fragwürdig sind und mit dem Realverbrauch nichts zu tun haben, ist unbestritten, steht aber auf einem anderen Blatt. Denn es ist nunmal der Problem jedes normierten Tests, dass die Bedingungen eben auch normiert sind und mit dem täglichen „Leben“ eines Autofahrers in der Großstadt oder in alpinen Regionen grundsätzlich verschieden sind. Das jedoch betrifft ja alle Autohersteller, daher ist die Anzeige der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen Daimler nun irgendwie seltsam. Man kann hier schon eher persönlichen Hass unterstellen, denn wenn man sich die Veröffentlichungen der DUH anschaut, wechseln die ja beinahe im wöchentlichen Rhythmus. Zuerst wollte man die Zulassung anzweifeln, dann Daimler wegen Körperverletzung verklagen und nun also die Werbung „besonders Umweltfreundlich“ verbieten. Mal sehen, was ihnen nächste Woche einfällt.

Grundsätzlich wird sich das Problem nur beseitigen lassen, wenn es weltweite Standards gibt, die eben auch wieder fehlerhaft sein werden, denn in Schleswig-Holstein gibt es nunmal weniger Berge als in Bayern. Und damit gibt es Verbrauchsunterschiede – und normiert man das Ganze „in der Mitte“, stimmen die Angaben je nach Region eben wieder nicht.

Alternative Antriebe der Gegenwart

Daimler investiert rund 500 Mio. EUR in den Bau einer zweiten Batteriefabrik in Deutschland. In der neuen Fabrik werden sowohl Batterien für den stationären Einsatz produziert, die zum Beispiel als Energiespeicher in privaten Haushalten oder für industrielle Zwecke genutzt werden. Hauptsächlich werden die Batterien jedoch für die Elektro- und Hybridautos des Unternehmens gebaut. Alle Modelle von smart wird es auch mit elektrischem Antrieb geben. Die Markteinführungen beginnen Ende des Jahres. Daneben setzt Mercedes-Benz verstärkt auf das Konzept des Plug-in-Hybrid, die wohl der sinnvollste Antrieb der nächsten Dekade sein wird. „2017 werden wir zehn Plug-in-Modelle auf dem Markt haben“, blickt Zetsche in die Zukunft. Schaut man sich die Forschungen zum „Batterietod“ an (siehe: Automobile Kurznachrichten 14/2016) an, sollte das auch sinnvoll sein, denn Batterieantriebe werden wohl im kommenden Jahrzehnt nicht schnell zu laden, langlebig und mit großer Reichweite zu haben sein. Hier müsste man z.B. dann Tesla anzeigen, denn die Reichweitenangaben sind, wenn man die Leistung des Autos nutzt, nur eine Illusion.

Digitalisierung – im Auto und bei der Produktion

Mercedes-Benz Actros Lkw nutzen das System Highway Pilot Connect zur vernetzten Fahrt im Verbund von Stuttgart nach Rotterdam 2016 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz Actros Lkw nutzen das System Highway Pilot Connect zur vernetzten Fahrt im Verbund von Stuttgart nach Rotterdam 2016 (Bild: Daimler AG)

Autonomes Fahren und Vernetzung sind nur möglich mit der Nutzung von Daten. Die Menge an produzierten Daten verdopple sich einer Studie zufolge alle zwei Jahre. Bereits 2020 könnte Wissenschaftlern zufolge das Datenvolumen bei 40 Billionen Gigabyte liegen. „Der Weg, um aus dem Datenberg sinnvollen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen, ist die Vernetzung“, betont Zetsche. Mit der neuen E-Klasse ist bereits heute teilautonomes Fahren möglich. Sie ist das weltweit erste Serienauto mit Car-to-X-Kommunikation, das heißt mit der Fähigkeit, mit anderen Autos und der Infrastruktur zu kommunizieren. Vernetzung sei auch notwendig für die optimale Steuerung des Waren- und Güterverkehrs, da das weltweite Transportvolumen weiter steige und sich bis 2050 verdreifachen könnte.

Unter dem Begriff Industrie 4.0 wird die Digitalisierung in der Produktion zusammengefasst. Um künftig noch flexibler auf die individuellen Wünsche der Kunden reagieren zu können, wird der Automatisierungsgrad in der Fertigung auf das ideale Maß zurückgefahren. Daimler geht es vor dem Hintergrund der Vielfalt an Modellen, Varianten und Optionen um eine intelligente Kooperation von Roboter und Mensch unter Federführung des Menschen ohne die bisher üblichen Schutzzäune. So lässt sich die kognitive Überlegenheit des Menschen optimal mit der Kraft, Ausdauer und Zuverlässigkeit der Roboter verbinden: „Die Erfahrung, Kreativität und Flexibilität der Menschen bleiben in der Autoproduktion unersetzlich“, betont Zetsche.

Daimler AG bleibt auf erfolgreichem Kurs

„Daimler ist erfolgreich wie nie zuvor. Das beweist, dass Dieter Zetsche die richtige Strategie für Daimler verfolgt und umgesetzt hat. Er kann außerdem die Mitarbeiter des Unternehmens für anspruchsvolle Ziele begeistern.“, sagte Manfred Bischoff, der Aufsichtsratsvorsitzende der Daimler AG.

Und er unterstrich damit, dass man sich nicht unbedingt dem Urteil irgendwelcher Fondsmanager beugen muss, die Zetsches Kopf forderten, als der Umbau des Konzerns erst einmal Geld verschlungen hat. Denn im Gegensatz zu dieser Berufsgruppe hat Zetsche den Konzern neu positioniert und erfolgreich gemacht. Fondsmanager haben ihre Kunden um Geld und die Welt beinahe an den finanziellen Abgrund gebracht.

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