DTM Rennwochenende in Moskau: „Timo, schieb ihn raus“ – die ersten Rennen nach dem „Funkskandal“
„Timo, schieb ihn raus!“
Für die Aufarbeitung dieses Funkspruches hatte man nun einige Wochen Zeit, auch wir haben das bei MBSLK diskutiert („Timo, schieb ihn raus„).
Inzwischen wurde ein Urteil gefällt, das aber aus der Sicht von Pascal Wehrlein eher unbefriedigend ist – die Details kommen weiter unten.
Abgesehen davon gibt es einige Aussagen aus der Audi-Ecke, die mehr als fragwürdig sind.
Es bleibt zu hoffen, dass das Thema mit der Vorberichterstattung zu den am kommenden Wochenende anstehenden beiden Rennen dann vorbei ist – und Pascal Wehrlein die entsprechende Antwort auf der Strecke geben kann. Denn „fair“ oder „sportlich“ geht anders….
Der Funkspruch: „Timo, schieb ihn raus“ – Der Auslöser
Das Sonntagsrennen in Spielberg war fest in Audi-Hand. Die Routiniers Mattias Ekström und Gary Paffett fuhren dem Feld um die Ohren und machten das Rennen unter sich aus – nach belieben fuhren sie eine bis zwei Sekunden schneller als der Rest, wobei Ekström sich sogar den Luxus erlauben konnte, mit Paffett ein wenig zu spielen, in dem er ihn herankommen ließ – um dann wieder davon zu ziehen. Ein makelloser Sieg mit Meisterschaftsführung hätte es werden können, denn Pascal Wehrlein, der bisher führende in der Gesamttabelle lag auf Platz 8 und hätte zu wenige Punkte eingefahren, um seine Führung zu verteidigen.
Eigentlich war also alles bestens für Ekström und die Marke mit den vier Ringen – bis zur letzten Runde. Denn Robert Wickens – der Teamkollege von Wehrlein – ließ den auf Platz 7 liegenden Timo Scheider auffahren – oder anders formuliert, er blockierte ihn. Denn Wehrlein sollte Scheider aufhalten, damit der Meisterschaftsführende Wehrlein beide noch überholen kann und somit einige Punkte mehr für die Gesamtwertung einstreichen kann. Das klappte auch – Wehrlein zog nach einer Kurve an Scheider und Wickens vorbei und lag auf Platz 6. Das war zwar hart und irgendwie auch gemein, aber vollkommen legal. Und auch mit Position 6 für Wehrlein wäre Audis‘ Ekström der führende der Gesamtwertung geblieben – nur hätte sein Verfolger mit Stern eben ein paar Punkte mehr auf der Uhr gehabt.
Dann kam das Unfassbare: Wehrlein, Wickens und Scheider fuhren auf eine Kurve zu, als der aufgeschaltete Boxenfunk klar und deutlich die Worte „Timo, schieb ihn raus“ verkündete. JEDER Fernsehzuschauer hat es hören können – und selbst dem Sprecher der ARD blieb der Ton weg. Ehrlicherweise dachte ich auch, ich hätte mich verhört… Aber die Aufzeichnungen der Szenen gab ein eindeutiges Bild: Es hat die Anweisung gegeben – zuerst war noch nicht klar, von wem.
Dr. Wolfgang Ullrich: „Timo, schieb ihn raus“ – Die Ansage kann nicht von mir gekommen sein…
Was dann ablief, war weder eines Motorsportchefs noch eines „Premium“-Herstellers würdig. Man hatte die Stimme zwischenzeitlich als die des Audi-Motorsportchefs Dr. Wolfgang Ullrich identifiziert. Dieser sagte im ersten Interview, dass die Aussage nicht von ihm kommen könne, er sei gar nicht mit den Fahrern verbunden.
In einer zweiten Stellungnahme hieß es dann, er sei „emotional“ gewesen und hätte nicht gewusst, dass Scheider ihn hören könne.
Und wenn man den Funkspruch hört, kann man eher auf eine kühle Anweisung als an eine aufgebrachte, emotionsgeladene Situation denken. Sorry, aber wer einmal lügt…
Timo Scheider: „Timo, schieb ihn raus“ – hat den Funkspruch nicht gehört
Seit Christian Danner die unverständlichsten Funksprüche via TV bei der Formel 1 versteht und übersetzt, erscheint mir wenig glaubwürdig, dass Piloten einen Funkspruch nicht hören oder verstehen. Auch die Art und Weise, wie Scheider auf Wickens auffährt, lässt einen Fahrfehler als mögliche Option eigentlich ausscheiden.
Christian Abt: „Timo, schieb ihn raus“ – wir sind nicht auf einer Kaffefahrt
Ausgerechnet Christian Abt, der in 80 Rennen nicht einen Sieg in der DTM eingefahren hat, tönt dann noch, man solle ich mal Rennen von „früher“ anschauen, als er noch gefahren sei – dort wäre mit harten Bandagen gefahren worden – blabla.
Was Abt allerdings vergisst zu erwähnen: Seinen Meisterschafts-Titel in der STW Serie (Super-Touren-Wagen) 1999 bekam er deshalb, weil im Nachgang des Rennens die letzte Runde aus der Wertung genommen wurde. Denn hätte man damals so entschieden, wie Abt das heute möchte, hätte er gar keine Meisterschaft gewonnen. Man sollte nicht mit Steinen werfen…
Das Urteil: „Timo, schieb in raus“ – hart, aber trotzdem unfair gegenüber Pascal Wehrlein
Timo Scheider wurde für das 2. Rennen in Spielberg disqualifiziert und ist für die beiden Rennen am Wochenende in Moskau gesperrt.
Dr. Wolfgang Ullrich ist bis zum Saisonende der Zutritt zur Boxengasse und der aktive Zugang zum Teamfunk verboten
Audi bekommt alle Punkte für die Herstellerwertung des zweiten Laufes von Spielberg gestrichen.
Das Team Phoenix wird zu einer Geldstrafe von 200.000 EUR verurteilt, die der Deutsche Motorsport-Bund (DMSB) für den Jugendbereich einsetzen wird. Und die wohl Audi bezahlen wird, denn Dr. Ullrich ist ja nun mal Audi-Motorsport-Chef. Und bei einem Engagement von geschätzten 20 Mio. EUR pro Saison wird man die Strafe in Ingoldstadt sicher verschmerzen…
Pascal Wehrlein bleibt der Leidtragende: „Timo, schieb ihn raus“
Da das Rennen in Spielberg gemäß dem Zieleinlauf (mit Ausnahme der Disqualifikation Scheiders) gewertet wird, bekommt Wehrlein keine Punkte auf dein Konto. Hätte man sich, wie bei der Entscheidung, die Christian Abt zum STW-Meister machte, darauf verständigt, die Wertung gemäß der vorletzten Rennrunde vorzunehmen, hätte Wehrlein wenigstens 4 Punkte bekommen. Sein Rückstand in der Tabelle beträgt nun 13 Punkte. Man kann nur hoffen, dass diese 4 Punkte am Ende nicht entscheiden…
Der Funkspruch, die Reaktionen und das Urteil sind damit aufgearbeitet – jetzt steht hoffentlich wieder das Renngeschehen im Vordergrund
Die DTM in Moskau
Der rund 3,9 KM lange Kurs fordert Mensch und Material, denn das Layout ist sehr kurvenreich, mit schnellen und langsamen Kurven und einer Geraden. Nach den Erfolgen in den letzten Rennen wird Ekström das schwerste Fahrzeug im Feld pilotieren (1.137,5 KG). Wenn es jedoch regnen sollte, ist Ekström wahrscheinlich auch Favorit, wenn sein Audi auf dem Abschleppwagen stünde – vorausgesetzt Ekström dürfte den Abschleppwagen selbst pilotieren. Denn auch in Spielberg hatte er das schwerste Auto.
Bei Mercedes gibt man sich „ausgeruht“ und „angriffslustig. Dennoch ist Moskau nicht gerade „Mercedes-Land“, wenn man die Rennen der letzten Jahre anschaut. Andererseits werden neben Wehrlein auch Fahrer wie Garry Paffett oder Paul Di Resta versuchen, der bisher für sie unrunden Saison eine positive Wende zu geben.
Die Hausaufgaben in der Sommerpause habe man gemacht, heißt es von der AMG-Mannschaft. Dementsprechend zuversichtlich ist man auch, dass man auch auf diesem Kurs zählbare Ergebnisse einfahren kann. Insgesamt sind die Fahrer nach den vielen Diskussionen und den fast 4 Wochen Pause nun wieder „heiß“ aufs Rennen. Und Pascal Wehrlein will „mit guten Ergebnissen zurückschlagen“.
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