HWA EVO – die Wiedergeburt des W201 Evo II
Es hat schon etwas von Dr. Frankenstein – man nehme eine Karosserie eines W201 („190ers“) und baue diese mit viel Carbon neu auf, verpasse ihr neueste Technik und präsentiere dies der verblüfften Fan-Gemeinde. „Schaurig schön“ lesen sich sowohl die Daten für dieses Fahrzeug, die man gerüchteweise entdecken kann – 1.350 KG, 3,0 Liter V6 Biturbo mit 450 PS und 550 Nm Drehmoment – als auch der Preis – 849.660 EUR.
Die HWA AG als eigenständiger Autobauer katapultiert hier – im Wortsinn – die Ikone des märchenhaften Aufstieges der Marke „AMG“ in die Neuzeit.
Aber warum ist gerade der Evo II für HWA ein so bedeutendes Fahrzeug, dass man es ihm neues Leben einhauchen möchte? Dazu muss man ein wenig in die Geschichtsbücher schauen:
HWA klingt nicht nur so ähnlich wie AMG – es steht auch zumindest für einen gleichen Namen. Im Jahr 1967 gründen Hans Werner Aufrecht und Erhard Melcher in Großaspach (Rems-Murr-Kreis, bei Stuttgart) die Firma „Aufrecht Melcher Großaspach“, kurz „AMG“.
Bis zur Rückkehr der Marke Mercedes-Benz in den Rennsport im Jahr 1988 war AMG ein „normaler“ Tuner, der das damalige Altherrenimage der Marke mit dem Stern – teilweise lautstark – wegpustete. Der Rennsport war immer Teil der AMG-DNA, man denke an die „Rote Sau“ (1969) oder eben den Einstieg in die DTM mit den 190E 2.3-16 1987.
Mit dem werksseitigen Einstieg in die Rennserie (1988) wurde AMG das „Werksteam“ und die Verbindung zwischen AMG und Mercedes-Benz wurde enger.
Das DTM Reglement war damals auf Seriennähe ausgelegt: startberechtigt waren nur Fahrzeuge, die mindestens 5.000 Mal pro Jahr gebaut wurden.
Es durften keine größeren optischen Veränderungen vorgenommen werden, keine anderen Motoren und auch keine zusätzlichen Spoiler usw. an die Rennwagen angebaut werden – Leistungsunterschiede sollten durch unterschiedliche Mindestgewichte für 4-, 6- und 8- Zylinder-Rennwagen sowie Turbo-befeuerte Modelle ausgeglichen werden.
Nachdem die eher zierlichen „Straßenspoiler“ im Rennsport an ihre Grenzen kamen, sah das DTM Reglement vor, dass man sogenannte Homologationsmodelle („Evolutionsmodelle“) der Serienversion bauen konnte, die etwas mehr Platz für Räder und auch ein größeres Spoilerwerk haben durften. Diese „Evos“ mussten dann 500 Mal als Straßenversion gebaut werden, bevor sie im Rennsport eingesetzt werden durften. Die erste Evolutionsstufe, der 190E 2.5-16 Evolution (1989) war dann das erste Fahrzeug, das AMG in der vom Reglement geforderten Stückzahl für Mercedes-Benz baute. Da auch die erste Ausbaustufe des Serienmodells noch nicht die gewünschte Performance bieten konnte, wurde bereits im Folgejahr der 190E 2.5-16 Evolution II aufgelegt. Im Jahr 1992 gewann der „Evo II“ dann 16 von 24 Rennen, kein anderes Auto sammelte in der DTM bis zu diesem Zeitpunkt mehr Siege, mehr Punkte, mehr Trainingsbestzeiten, mehr schnellste Runden und mehr Führungskilometer. Der Evo II war ein Meilenstein.
Auch die anderen Hersteller zu dieser Zeit machten von der Möglichkeit der Evolutionsmodelle gebrauch, BMW mit dem M3 Evo I und Evo II und Opel mit dem Omega 3000 Evolution.
In der Folge werden die Bande zwischen AMG und Mercedes-Benz enger, bereits beim Nachfolger des „190ers“ können AMG Teile beim Mercedes-Händler „ab Werk“ bestellt werden, der C36 AMG ist das erste Spitzenmodell einer Baureihe, das den Namen „AMG“ offiziell in der Typenbezeichnung führt.
Nach der Übernahme der Marke AMG durch Mercedes Benz (1998 51%, 2005: 100%) wird der bisherige Teil des Rennsports in die neu gegründete Firma „HWA AG“ (Hans Werner Aufrecht) überführt, womit auch dieser Name erklärt ist. Die HWA AG übernahm die DTM-Einsätze als es noch Werkseinsätze waren und entwickelte für AMG z.B. die CLK-DTM- oder SL 65 Blackseries-Modelle und entwickelt bis heute Straßenrennwagen wie den De Tomaso R72, Pagani Huayra R, Mercedes-AMG GT2 und 3 …
Der Evo II ist der Startschuss für das rasante Wachstum, das AMG in den letzten rund 30 Jahren erlebt hat und daher sicherlich eine Ikone für die Marke und für Hans Werner Aufrecht.