50 Jahre Unfallforschung: wie UFO’s Leben retten
Seit 50 Jahren untersuchen Mercedes-Benz Experten schwere Unfälle, an denen aktuelle Fahrzeuge mit dem Stern beteiligt sind. Die Erkenntnisse der „UFO-Forscher“ (Unfallforschung = UFO) fließen in die Verbesserung der Serienmodelle ein oder führen zu neuen Produkten.
Seit 50 Jahren untersucht die Mercedes-Benz Unfallforschung systematisch Unfälle. Dank der Kooperation mit dem Innenministerium des Landes Baden-Württemberg meldet sich die Polizei, wenn sich im Umkreis von rund 200 Kilometern um Sindelfingen bei Stuttgart ein schwerer Unfall mit Beteiligung eines aktuellen Modells von Mercedes‑Benz oder smart ereignet hat.
Die Arbeit der Forscher beginnt meist am Unfallfahrzeug in der Werkstatt, in die es gebracht wurde. Im nächsten Schritt wird der Unfallort besucht, um den Unfallhergang auch bei Alleinunfällen zu rekonstruieren. Wenn alle Informationen vorliegen, erfolgt die systematische Rekonstruktion der Kollision. Die Ergebnisse werden schließlich mit den Daten anderer Unfälle verglichen, sodass die Automobilingenieure im Laufe der Zeit ein genaues Bild über typische Schadensmuster bekommen und Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Schutzsysteme gewinnen. Um ihre Neutralität als Forscher nicht zu gefährden, erstellen die UFO-Experten dabei grundsätzlich keine Gutachten für Unfallbeteiligte oder für die Justiz.
Seit 1972 untersucht auch die Nutzfahrzeug-Unfallforschung bei Daimler deutschlandweit Unfälle von Mercedes-Benz Lkw.
Ok – das klingt alles pathetisch, schön und gut, aber was kam denn in unseren Autos an? Und was bringt es uns?
Eine ganze Menge…
Crashtest an sich
Zunächst einmal fanden die Unfallforscher heraus, dass die bis Mitte der 1970er Jahren angewandte Art der Crashtests – voll geradeaus gegen die Wand – nicht wirklich der Realität entspricht.
Die Unfallforscher hatten erkannt, dass die Fahrzeuge meist asymmetrisch zusammenprallen und dass die vorderen Karosseriebereiche demzufolge stark einseitig belastet werden, man bezeichnet das als Offset-Aufprall.
Den von Mercedes-Benz mitentwickelten Crash gegen die deformierbare Barriere unterziehen sich in Europa heute alle neu entwickelten Personenwagen; er ist gesetzlich verankert und gehört auch zum Euro NCAP-Testprogramm (New Car Assessment Programm).
Auf Basis der UFO-Daten führten die Mercedes-Ingenieure bereits 1974 die ersten Crashtests nach dem Offset-Prinzip durch und verwirklichten für ihre Personenwagen mit dem so genannten Gabelträger ein Konstruktionsprinzip, das auch bei extremer Teilbelastung des Fahrzeugvorbaus einen sehr guten Insassenschutz bietet.
Die 1979 vorgestellte S-Klasse (Modellreihe W 126) war das erste Modell, dessen Crashstruktur mit dem Gabelträgerkonzept gezielt auf den versetzten Frontalaufprall ausgelegt war.
Gestaltung des Innenraums
Noch vor der Überarbeitung der Crashtests liebten die Experten bereits am Innenraum der Fahrzeuge Hand an. Zwar gab es in den 1960 er Jahren bereits Sicherheitsgurte in den Mercedes-Benz Limousinen, dieser wurde aber sehr selten angelegt. Der Aufprall gegen Lenkrad, Armaturenbrett oder Windschutzscheibe fiel dementsprechend oft verheerend aus. Die Unfallforscher „entschärften“ daher einige Kontaktstellen und sorgten für die Neugestaltung von Schaltern Griffen und Hebeln. Auch bei den verwendeten Materialien setzten sich deren Einflüsse durch, zum Beispiel bei der Verwendung energieabsorbierender Werkstoffe.
Sicherheitsgurte
Nachdem Sicherheitsgurte flächendeckend auch verwendet wurden, entdeckte man weitere Verbesserungen aus den realen Unfällen. Eine verbesserte Gurtgeometrie war beispielsweise das Ergebnis.
Airbag
Nach 13 Jahren Entwicklungs- und Erprobungsarbeit hielt der Airbag Ende 1980 Einzug in die Serienproduktion. Von Anfang an hatte Mercedes-Benz den Airbag als Ergänzung zum Dreipunktgurt konzipiert. Dass dieses Prinzip richtig ist, zeigen die Ergebnisse der Unfallforschung: Wurden in den Siebzigerjahren bei sehr schweren Frontalkollisionen in Deutschland rund 30 Prozent der angeschnallten Fahrer von
Mercedes-Benz Personenwagen lebensgefährlich verletzt, so registrieren die Unfallforscher heute durch das aufeinander abgestimmte Zusammenwirken von Gurt, Gurtstraffer und -kraftbegrenzer, Airbag und anderen Schutzmaßnahmen nur noch einzelne Unfälle mit dieser hohen Verletzungsschwere. Dabei handelt es sich aber meist um extrem schwere Unfälle.
Seitenairbag und Windowbags
Schon Anfang 1998 konnten die Unfallforscher eine positive Bilanz ziehen: Das Risiko schwerster bis tödlicher Verletzungen bei einem schweren Frontalaufprall hatte sich in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten deutlich verringert. Tödliche Verletzungen angegurteter Pkw-Insassen traten fast nur bei extrem schweren Frontalunfällen auf. Damit rückte der Seitenaufprall in den Blickpunkt der Sicherheitsentwickler. Der Anteil solcher Kollisionen an den Unfällen mit schwer verletzten Fahrzeuginsassen verlagerte sich seit den Neunzigerjahren kontinuierlich. Betrug er 1985 noch 14 Prozent, so waren es 1995 bereits 30 Prozent. Es zeigte sich vor allem der zunehmende Einfluss von Seitenkollisionen bei Verkehrsunfällen mit tödlich verletzten Pkw-Insassen.
Folglich schnürten die Sicherheitsingenieure ein Paket von Schutzmaßnahmen, das neben stabilen Türschlössern und Türscharnieren unter anderem auch spezielle Deformationselemente und Schaumpolster in den Innenverkleidungen der Türen enthält. Zudem verfügen die Mercedes-Benz Personenwagen über Flankenschutzverstärkungen im unteren Türbereich. So entsteht ein wirksamer Seitenaufprallschutz, der seit 1995 durch den Einsatz des Sidebags und seit 1998 durch den Windowbag weiter verbessert wurde.
PRE-SAFE
Die Unfallforscher hatten erkannt, dass mehr als zwei Dritteln aller Verkehrsunfälle kritische Fahrsituationen wie Schleudern, Notbremsen oder plötzliches Ausweichen vorausgehen, die bereits Rückschlüsse auf eine drohende Kollision erlauben. Diese Zeit vor dem Crash blieb lange ungenutzt. Die Antwort heißt seit 2002 PRE-SAFE. Dieses Insassenschutzsystem kann einen drohenden Unfall im Voraus erkennen und wird aktiv, um Insassen und Auto auf eine mögliche Kollision vorzubereiten, zum Beispiel durch die vorsorgliche Straffung der Sicherheitsgurte.
Blinkende Bremsleuchten
Laut Untersuchungen verkürzen sich die Bremsreaktionen der Autofahrer im Durchschnitt um bis zu 0,2 Sekunden, wenn in Notbremssituationen statt des herkömmlichen Bremslichts ein rot blinkendes Warnsignal erfolgt – das sind wertvolle Augenblicke und Meter im Fall der Fälle.
Geringeres Verletzungsrisiko
Mercedes-Benz Fahrer sind sicherer unterwegs als Fahrer anderer Marken, das war 2009 das Ergebnis einer UFO-Untersuchung auf Basis offizieller, anonymisierter Datenstichproben des Statistischen Bundesamtes. Betrachtet wurden 18.748 Unfälle mit Personenschäden im Zeitraum 2003 bis 2007. Danach ist das Risiko, in einer E-Klasse als Fahrer schwer oder tödlich verletzt zu werden, um 10,4 Prozent niedriger als bei vergleichbaren Fahrzeugen anderer Marken.
Natürlich entwickelt man weiterhin alle möglichen elektronischen Helferlein, DISTRONIC und aktiver Bremsassistent haben in den vergangenen Jahren Einzug in die Mercedes-Modelle gehalten. Aber auf jeden Fall fand ich es sehr interessant, wie die Sicherheits-Extras der 1980 er und 90 er Jahre, die inzwischen „ganz normal“ sind, für deutliche Verbesserungen gesorgt haben.
Zum Abschluss wünsche ich dir einfach, dass du nie eines davon tatsächlich benötigst und einfach nur das beruhigende Wissen hast, dass im Fall der Fälle vielleicht noch ein As im Ärmel steckt….