40 Jahre S-Klasse Baureihe 126: Wie die Zeit vergeht…

Mercedes-Benz S-Klasse, Baureihe 126, 1979 bis 1992 (Bild: Daimler AG)

Mit diesem Fahrzeug sind für mich viele Kindheit und Jugenderinnerungen verbunden. Zum einen ist dieses Modell bis heute das erste an das ich denke, wenn ich den Begriff „S-Klasse“ höre, zum anderen ist hat dieses Modell durch unzählige Filme der 1980 er Jahre den Beinamen „Verbrecher-S-Klasse“ bekommen. Kaum ein Film in dem die gut betuchten Bösewichte nicht in einer dunklen 126er S-Klasse daherkommen.

Im September 1979 (!! Ja, 40!! Jahre ist das her!!) präsentierte Mercedes-Benz auf der IAA in Frankfurt eine neue Generation von Oberklasse-Limousinen der S-Klasse (Baureihe 126) – auch wenn das Modell damals noch nicht so hieß.

Die Modellpalette umfasst zunächst sieben Typen; zur Wahl stehen vier Motoren (vom 2,8-Liter-Sechszylinder mit Vergaser mit 115 kW / 156 PS bis zum 5,0-Liter-V8-Leichtmetallmotor mit Benzineinspritzung und 176 kW / 240 PS) sowie zwei Karosserievarianten – neben der Normalversion gibt es eine verlängerte Variante. Die Vergrößerung des Radstands fällt mit 140 Millimetern (3.075 Millimeter statt 2.935 Millimeter) deutlicher als sonst aus und kommt wie gewohnt der Beinfreiheit im Fond und der Einstiegsbreite der hinteren Türen zugute.

Design

Bei ihrem Erscheinen wurde die S-Klasse der Baureihe 126 zunächst von manchem Betrachter als nüchtern und schmucklos empfunden. Doch schon bald galt das Design aber als wegweisend. Auch das trägt zum heutigen Status dieser Baureihe als zeitloser, beliebter Youngtimer bei.

Die charakteristischen Designelemente der neuen S-Klasse präsentieren sich gewissermaßen unter der Gürtellinie. Erstmals hat ein Mercedes-Benz Pkw keine Stoßstangen im klassischen Sinn, sondern großzügig dimensionierte, kunststoffummantelte Stoßfänger, die in Bug- und Heckschürze nahtlos integriert sind. Eine optische Verbindung zwischen Bug- und Heckschürze bilden breite seitliche Schutzleisten aus Kunststoff, die zwischen den Radausschnitten auf Höhe der Stoßfänger angeordnet sind, die nach dem damaligen Mercedes-Chefdesigner Bruno Sacco bis heute als „Sacco-Bretter“ bezeichnet werden.

Antriebe

Die beiden Achtzylindermotoren der Vorgängerbaureihe 116 werden durch zwei überarbeitete Aggregate mit vergrößertem Hubraum und Leichtmetall-Kurbelgehäuse ersetzt. Der 5,0-Liter-Motor, der das 4,5-Liter-Grauguss-Aggregat ablöst, ist bereits aus dem 450 SLC 5.0 (C 107) bekannt, während der 3,8-Liter-Leichtmetallmotor aus dem 3,5-Liter-V8 mit Graugussblock entsteht. Mit höherer Leistung bei geringerem Gewicht ermöglichen die neuen V8-Motoren verbesserte Fahrleistungen bei sparsamerem Benzinverbrauch. Unverändert im Programm bleiben Vergaser- und Einspritz-Version des 2,8-Liter-Sechszylinders. Für den Export in die USA wird auch von der Baureihe 126 wieder eine Diesel-Ausführung angeboten. Der 300 SD Turbodiesel bietet wie sein Vorgängermodell einen aufgeladenen 3,0-Liter-Fünfzylinder, dessen Leistung allerdings um 7,4 kW (10 PS) auf 92 kW (125 PS) gesteigert ist.

Luftwiderstand

Ab den 1970er-Jahren und damit in der Zeit der ersten großen Ölkrisen gewinnt die Aerodynamik immer mehr an Bedeutung. Die Baureihe 126 ist das erste Mercedes-Benz Serienfahrzeug, das unter Aerodynamik-Gesichtspunkten entwickelt und gestaltet wird. Das Resultat: Mit einem cw-Wert von 0,36 nimmt sie bereits Ende der 1970er-Jahre im internationalen Vergleich eine Spitzenposition in ihrem Segment ein. Bei der Vorgängerbaureihe 116 lag der cw-Wert noch bei 0,41.

Rückhaltesysteme

1981 feiert der Fahrer-Airbag Weltpremiere in der Baureihe 126. Er ist zunächst als Sonderausstattung erhältlich und bietet bei einem Frontalaufprall, im Zusammenspiel mit dem Sicherheitsgurt, einen erheblich besseren Schutz vor Verletzungen. Ab dem gleichen Jahr bietet Mercedes-Benz, ebenfalls als Sonderausstattung, den Gurtstraffer für den Beifahrer an. Er reduziert effektiv die „Gurtlose“, sodass der Sicherheitsgurt die Person bei einem drohenden Aufprall optimal im Sitz hält. 1988 folgt mit der Modellpflege ebenfalls als Weltpremiere der Beifahrer-Airbag. Man denke nur an die damalige Fernsehwerbung: „…und was ist mit Ihrer Frau?“ (verlinkt ist das Video auf youtube).

Mercedes-Benz S-Klasse Limousine 126 „SRS“ steht für „Supplementary Restraint System“ – zusätzliches Rückhaltesystem. Das ist der Airbag. (Bild: Daimler AG)

Crashsicherheit

Die Karosserie ist nach jüngsten Erkenntnissen der Sicherheitsforschung konstruiert. Dank neuer Konstruktionsprinzipien übersteht die Fahrgastzelle bei geringerem Gewicht als in der Baureihe 116 nun auch einen versetzten Frontalaufprall – den sogenannten „Offset-Crash“ – bei einer Kollisionsgeschwindigkeit von 55 km/h unbeschadet. Die Limousinen der Baureihe 126 erfüllen als weltweit erste Serienfahrzeuge das Kriterium des asymmetrischen Frontalaufpralls.

Weitere Neuheiten

Es gibt zahlreiche weitere Neuheiten. Etwa die elektrisch verstellbare Lenksäule (Sonderausstattung ab 1985), das automatische Sperrdifferenzial für die Sechszylindermodelle sowie die Antriebs-Schlupf-Regelung für die V8-Modelle (alles als Sonderausstattung ab 1985).

Modellpflege

Mercedes-Benz S-Klasse, Baureihe 126, nach der Modellpflege (Bild: Daimler AG)

Vier Jahre nach Präsentation erfolgt eine umfangreiche Modellpflege, und im September 1985, wiederum auf der IAA in Frankfurt, stellt Mercedes-Benz ein komplett überarbeitetes Typenprogramm der Baureihe 126 vor. Die Optik wird dezent überarbeitet, was primär die Stoßfänger und den Flankenschutz betrifft, aber auch die Räder, die von 14 auf 15 Zoll umgestellt werden. Man stelle sich das vor: damals waren das große Räder!

Der Grund für die Umrüstung war allerdings kein optischer sondern die Tatsache, dass sich mit größeren Rädern auch größere Bremsscheiben unterbringen lassen.

Im Vordergrund stand aber eine Umstrukturierung der Motorenpalette, die der S-Klasse zwei neu konstruierte Sechszylinder-Motoren bescherte, die in der Mittelklasse-Baureihe 124 neun Monate zuvor ihren ersten Auftritt hatten. Neu im Programm ist ein 4,2-Liter-V8-Motor, der durch Aufbohren des 3,8-Liter-Aggregats entstanden ist. Der 5,0-Liter-Motor ist ebenfalls modifiziert; er ist jetzt mit elektronischer Zündanlage und der elektronisch-mechanisch gesteuerten Einspritzanlage Bosch „KE-Jetronic“ ausgerüstet und entwickelt eine Leistung von 180 kW (245 PS). Das Diesel-Exportmodell wird durch den neuen 300 SDL mit 110 kW (150 PS) ersetzt.

Abgasreinigung

Im Zuge der Modellpflege steht für alle Varianten der überarbeiteten Modellpalette mit Ausnahme der 5,6-Liter-Typen in ECE-Version auf Wunsch eine geregelte Abgasreinigungsanlage mit Dreiwege-Katalysator zur Verfügung. Serienausführung ist jeweils die sogenannte „RÜF-Version“, bei der das Fahrzeug ohne Katalysator und Lambdasonde, aber mit dem multifunktionalen Gemischaufbereitungs- und Zündsystem ausgeliefert wird. Eine Nachrüstung mit dem geregelten Katalysator kann bei einem „Rückrüstfahrzeug“ jederzeit und ohne Probleme vorgenommen werden. Diese Regelung gestattet dem Kunden den Zeitpunkt der Umrüstung betreffend größtmögliche Flexibilität – in Anbetracht der damals noch nicht flächendeckenden Versorgung mit bleifreiem Kraftstoff ein nicht unerheblicher Vorteil. Ab September 1986 gehört der geregelte Katalysator bei allen Mercedes-Benz Pkw-Modellen mit Ottomotor zur Serienausstattung; die Rückrüstfahrzeuge sind – mit entsprechendem Preisabschlag – bis August 1989 auf Wunsch weiterhin lieferbar.

5,6 Liter Hubraum

Die spektakulärste Neuheit in der Motorenpalette ist ein 5,6-Liter-Achtzylinder, der aus dem 5,0-Liter-V8 durch Verlängerung des Hubs entwickelt wird und eine Leistung von 200 kW (272 PS) mobilisiert. Auf Wunsch gibt es sogar noch eine höher verdichtete Ausführung, die 221 kW (300 PS) entfaltet, jedoch nicht mit einer geregelten Abgasreinigungsanlage kombiniert werden kann. Aber auch ohne Katalysator erfüllt diese sogenannte „ECE-Version“ die von der Europäischen Wirtschaftskommission ECE festgelegten Abgasgrenzwerte. Der mit dieser Motorvariante ausgerüstete 560 SEL und auch das Coupé 560 SEC sind zum Zeitpunkt des Erscheinens die leistungsstärksten bis dahin gebauten Mercedes-Benz Serien-Pkw.

Insgesamt verlassen bis 1991 innerhalb des zwölfjährigen Produktionszeitraums 818.036 Limousinen die Produktionshallen in Sindelfingen. Von 1981 bis 1991 werden außerdem 74.060 SEC-Coupés (C 126) gebaut. Damit ist die Baureihe 126 die erfolgreichste Oberklasse-Baureihe in der Geschichte des Unternehmens.