Wilhelm Maybach: 175. Geburtstag des „Königs der Konstrukteure“

Klar kennt man den Namen „Maybach“ von Besuchen irgendwelcher automobiler Museen.

Seine Geschichte ist jedoch interessant und es war keinesfalls klar, dass seine Erfindungen einmal die Welt in Bewegung setzen würden….

Am 9. Februar 1846 wird Wilhelm Maybach in Heilbronn geboren. Anfang der 1850er-Jahre zieht die Familie nach Stuttgart. Dort erlebt Maybach schwere Schicksalsschläge: 1854 stirbt seine Mutter, nur zwei Jahre später verliert er auch seinen Vater. Freunde der Familie suchen unter anderem mit einer Zeitungsannonce nach einer Möglichkeit, den Vollwaisen zu versorgen. Wilhelm Maybach wird vom Bruderhaus in Reutlingen aufgenommen, einer Gründung des evangelischen Theologen Gustav Werner und dessen Frau Albertine. Zum Bruderhaus gehören sogenannte Rettungsanstalten für Waisenkinder, Schulen und Fabriken.

Vom Konditor zum Konstrukteur

Zunächst soll Wilhelm Maybach im Bruderhaus den Beruf des Bäckers und Konditors erlernen. Doch Pfarrer Werner erkennt die große technische Begabung des Knaben und fördert ihn. So beginnt Maybach 1861 eine Lehre im Zeichenbüro der Maschinenfabrik und besucht in der städtischen Fortbildungsschule Unterricht in Physik und Freihandzeichnen sowie später auch Mathematik in der Oberschule. Zudem erhält er vor Beginn seiner Arbeitstage Unterricht in Englisch und Französisch. Gustav Werner engagiert 1863 den 29 Jahre alten Ingenieur Gottlieb Daimler als Inspektor der Vereinigten Werkstätten des Bruderhauses.

Daimler trifft Maybach

Gottlieb Daimler kommt 1865 als Werkstätteninspektor (Leiter) der Maschinenfabrik nach Reutlingen – der Beginn einer fruchtbaren Partnerschaft. Denn Daimler erkennt und unterstützt die Fähigkeiten Maybachs. Da ist es nur konsequent, dass der junge Maybach im September 1869 Daimler folgt, als dieser Vorstand der Maschinenbau-Gesellschaft Karlsruhe wird. Maybach arbeitet dort im Konstruktionsbüro. Der nächste Arbeitgeber- und Ortswechsel der beiden steht 1872 an: Daimler wird Vorstand der Gasmotoren-Fabrik Deutz AG. Das Unternehmen ist als Aktiengesellschaft im selben Jahr von Nicolaus August Otto und den Unternehmerfamilien Langen sowie Pfeiffer gegründet worden.

Maybach wird 1873 Leiter der Konstruktionsabteilung in Deutz. Er arbeitet daran, Ottos Viertaktmotor produktionsreif zu machen. Bereits 1875 unternimmt er Versuche mit flüssigem Kraftstoff an einem umgebauten Gasmotor.

Daimlers Visionen und Maybachs Erfindungen

Daimler verfolgt bereits in Deutz die Vision eines kompakten, schnell laufenden Verbrennungsmotors auch als Fahrzeugantrieb. Doch diese Vorstellungen lassen sich in dem Unternehmen nicht verwirklichen. Mitte 1882 scheidet Daimler aus der Gasmotoren-Fabrik Deutz aus und macht sich in Cannstatt bei Stuttgart selbstständig. Mit Wilhelm Maybach hat er bereits im April 1882 einen Anstellungsvertrag geschlossen.

Maybach und Daimler setzen hier den Traum des Automobilpioniers einer Motorisierung der Mobilität „zu Lande, zu Wasser und in der Luft“ um: Ab 1882 entstehen in Daimlers Anwesen in der Taubenheimstraße 13 die ersten schnell laufenden Benzinmotoren – aufgrund ihres Aussehens „Standuhr“ genannt – und mit ihnen das erste Motorrad der Welt („Reitwagen“, 1885), das erste Motorboot der Welt (1886) und schließlich das erste vierrädrige Automobil der Welt (Daimlers Motorkutsche, 1886). Später folgen Antriebe für Schienenfahrzeuge (Daimler Motor-Waggonet, 1887) und das Wölfertsche Motor-Luftschiff (1888).

Maybach bringt mit Konstruktionen wie dem Viergang-Zahnradwechselgetriebe mit verschiebbaren Zahnrädern und dem Zweizylinder-V-Motor (von Peugeot ab 1890 in Lizenz gebaut) die junge Automobiltechnik weiter voran. Selbst vom Zwist zwischen Daimler und dem von ihm gegründeten Unternehmen Anfang der 1890er-Jahre lässt sich der Erfinder nicht aufhalten: Im gemieteten Gartensaal des Hotels Hermann entwickelt er den „Phoenix“-Reihenzweizylindermotor sowie den Spritzdüsenvergaser. Der Phoenix-Motor ist so erfolgreich, dass internationale Lizenznehmer 1895 die Rückkehr von Daimler und Maybach in die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) durchsetzen.

Das erste moderne Automobil

Wilhelm Maybach, nun technischer Direktor der DMG, liefert weiter eine wichtige Erfindung nach der anderen: 1897 wird der Röhrchenkühler als Gebrauchsmuster angemeldet. 1899 entsteht ein Vierzylindermotor für das Luftschiff des Grafen Ferdinand von Zeppelin. 1900 meldet die DMG Maybachs Bienenwabenkühler zum Patent an. Und am 22. November wird der erste Mercedes 35 PS in Cannstatt fertiggestellt. Er gilt als das erste moderne Automobil überhaupt. In Auftrag gegeben wird er von Emil Jellinek, dem damals wichtigsten Händler von Daimler. Das von Maybach völlig neu konzipierte Automobil (Leichtbau, Hochleistungsmotor mit innovativem Kühler, langer Radstand und niedriger Schwerpunkt) dominiert das international bedeutende Motorsport-Meeting „Woche von Nizza“ vom 25. bis 29. März 1901. Dieser rauschende Erfolg bringt Maybach endgültig den Ehrennamen „König der Konstrukteure“ ein.

In den folgenden Jahren bis 1904 entwickelt Maybach das Fahrzeugkonzept vom Mercedes Simplex 40 PS über den Simplex 60 PS bis zum Simplex 90 PS weiter. Doch nach Daimlers Tod am 6. März 1900 hat Maybach nicht mehr den vollen Rückhalt im Unternehmen. Das zeigt sich besonders deutlich, nachdem im August 1903 der Aufsichtsratsvorsitzende der DMG verstirbt, Max von Duttenhofer. Die Meinungsverschiedenheiten eskalieren 1906: Maybach ist ein glühender Befürworter des Rennsports als Impulsgeber für die automobile Serientechnik („So lernt man aus Rennen, und es ist gewiss, dass sie unsere Tourenwagen in so rapider Weise zur Vollendung gebracht haben und dass sie heute ebenso notwendig sind wie vor Jahren. Also! Bleiben wir bei den Rennen.“). Er entwickelt einen Rennwagen, dessen Sechszylindermotor eine oben liegende Nockenwelle mit Königswellenantrieb sowie eine Hochspannungsmagnetzündung mit zwei Zündkerzen hat. Doch statt Maybachs hochmodernen Entwurfs wird eine konservativere Konstruktion von Paul Daimler eingesetzt. Nachdem die DMG auch die Maybach unterstehende Versuchswerkstatt schließt, verlässt dieser 1907 das Unternehmen.

Neubeginn mit Luftschiffmotoren

1909 gründet Maybach gemeinsam mit Graf von Zeppelin die Luftfahrzeug-Motorenbau GmbH in Bissingen. Das von Wilhelms Sohn Karl Maybach geleitete Unternehmen wechselt 1912 den Standort und lässt sich in Friedrichshafen am Bodensee nieder. Nach Ende des Ersten Weltkriegs nimmt das nun als Maybach-Motorenbau firmierende Unternehmen den Automobilbau auf. Der erste Serienwagen Maybach 22/70 PS (W 3) erscheint 1921 und wird bis 1928 gebaut. Damit schließt sich ein Kreis im Leben von Wilhelm Maybach.

Maybach erhält nach seinem Ausscheiden bei der DMG für sein Lebenswerk zahlreiche Auszeichnungen: Das Königreich Württemberg ernennt ihn 1915 zum Königlichen Oberbaurat, 1916 folgt die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Technische Hochschule Stuttgart. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) ehrt ihn schließlich 1922 mit der goldenen Grashof-Denkmünze, der höchsten Auszeichnung. Wilhelm Maybach stirbt am 29. Dezember 1929. Er wird auf dem Cannstatter Uff-Kirchhof beigesetzt, auf dem auch Gottlieb Daimler begraben liegt. In seinem letzten Lebensjahr erlebt Maybach noch die Weltfahrt des Luftschiffs LZ 127 „Graf Zeppelin“, das von Maybach-Zwölfzylindermotoren angetrieben wird, die Karl Maybach konstruiert hat. 1996 wird er in die „Automotive Hall of Fame“ und 2004 in die „European Automotive Hall of Fame“ aufgenommen.

Die Marke Mercedes-Maybach

Der Automobilbau bei Maybach endet 1941. Im Jahr 2002 bringt die damalige DaimlerChrysler AG den Namen „Maybach“ wieder auf die Straße, bis 2012 werden Luxus-Automobile mit dem „Doppel-M“ produziert. Da sich die Marke allerdings nicht durchsetzt, verschwindet der Name „Maybach“ für weitere zwei Jahre von den Straßen und steht seit 2014 mit dem Namen „Mercedes-Maybach“ für die besonders Exklusiven Modelle der S-Klasse.