C 111 – zeitlos und visionär

Ganz ehrlich – diese organgefarbene Flunder durfte wohl in keinem Fuhrpark eines 1970er Jahre Buben fehlen. Es ist wahrscheinlich eines der wenigen Spielzeugautos, an das ich mich heute noch wirklich erinnern kann – noch faszinierender ist das Auto jedoch aus der zeitlichen Distanz, schaut man sich an, wie Autos „damals“ so ausgesehen haben, in den 1960er und 70er Jahren – erst dann wird deutlich, wie modern der C 111 war. Abgesehen davon, was er an Leistungsdaten aufzubieten hatte…

Mit einer Sonderausstellung „C 111 – zeitlos und visionär“ erzählt das Mercedes-Benz Museum seit dieser Woche die Geschichte eines einzigartigen Stars der Automobilgeschichte. Der Mercedes-Benz C 111 entsteht 1969 (!!) als innovatives Forschungsfahrzeug zur Erprobung von Wankelmotor und neuartigen Leichtbau-Werkstoffen. Das futuristische Flügeltüren-Coupé in auffälliger Lackierung geht zwar nie in Serie, begeistert die Menschen aber bis heute durch sein faszinierendes Design und durch die Ende der 1970er-Jahre erzielten Geschwindigkeitsrekorde. Die Sonderausstellung wird bis zum 15. November 2015 im Collectionsraum 5 des Mercedes-Benz Museums gezeigt.

Mercedes-Benz C 111:, zeitlos und visionär (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz C 111:, zeitlos und visionär (Bild: Daimler AG)

Popkultur: Intensiver Dialog mit Kunst und Design

Die Schau „C 111 – zeitlos und visionär“ erzählt die Geschichte des C 111 im Zusammenhang seiner Zeit: eine Epoche der neuen Formensprache und der Ästhetik starker Farben wie jenem Orange, das mit der Farbbezeichnung „Weißherbst“ auch die meisten Exemplare des C 111 ziert.

Ein großes Echo findet der C 111 auch in der bildenden Kunst: Über die Jahre setzen sich so verschiedene Künstler wie Andy Warhol, Sylvie Fleury und Michael Sailstorfer mit den Forschungs- und Rekordfahrzeugen der Baureihe auseinander.

Mercedes-Benz Forschungsfahrzeug C 111 (1969)

Eine außergewöhnliche Coupé-Studie mit am Dach angeschlagenen Flügeltüren begeistert die Besucher am Stand von Mercedes-Benz auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main im September 1969. Es ist der C 111 mit Rotationskolbenantrieb nach dem Kreiskolben-Prinzip von Felix Wankel.

Mercedes-Benz  C 111-I, 1969 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz C 111-I, 1969 (Bild: Daimler AG)

Neben dem neuartigen Motor fasziniert das Fahrzeug durch den Einsatz von für die Automobilproduktion neuen Werkstoffen wie glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) und neuen Fügetechniken wie der Verbindung aus Kleben und Nieten. Mit seinem Auftritt beeinflusst dieser Sportwagen maßgeblich das Image von Mercedes-Benz, denn er steht wie kein zweites Fahrzeug für Sportlichkeit, Luxus und Faszination.

Technische Daten Mercedes-Benz C 111

  • Baujahr: 1969
  • Motor: Dreischeiben-Wankelmotor
  • Kammervolumen: 3x 600 Kubikzentimeter
  • Leistung: 206 kW (280 PS) bei 7.000/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 260 km/h

Mercedes-Benz Forschungsfahrzeug C 111-II (1970)

Als Mercedes-Benz im Frühjahr 1970 auf dem Genfer Automobil-Salon die überarbeitete Version des C 111 mit dem stärkeren Vierscheiben-Wankelmotor vorstellt, sind sich Fachwelt und Öffentlichkeit endgültig einig: Der neue Mercedes-Benz Supersportwagen ist der würdige Nachfolger des legendären 300 SL „Gullwing“ (W 198). Mit der neu gezeichneten Karosserie wirkt er noch attraktiver als sein Vorgänger und ist dabei in jeder Hinsicht alltagstauglich. Sofort gehen in Stuttgart die Bestellungen für das futuristisch anmutende Fahrzeug ein. Doch Mercedes-Benz entscheidet sich trotz der intensiven Entwicklungsarbeit gegen eine Serienfertigung des Sportwagens. Der C 111 ist und bleibt in erster Linie ein Forschungsfahrzeug, mit dem innovative Technologien erprobt werden. Wie vom C 111-I entstehen auch vom C 111-II sechs Fahrzeuge.

Mercedes-Benz  C 111-II, 1970 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz C 111-II, 1970 (Bild: Daimler AG)

Technische Daten Mercedes-Benz C 111-II

  • Baujahr: 1970
  • Motor: Vierscheiben-Wankelmotor
  • Kammervolumen: 4x 600 Kubikzentimeter
  • Leistung: 257 kW (350 PS) bei 7.000/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h

Mercedes-Benz Rekordfahrzeug C 111-II D (1976)

Die Arbeit an den beiden ersten Generationen des C 111 markiert den Höhepunkt der Beschäftigung bei Mercedes-Benz mit dem Wankelmotor – und zugleich ihr Ende. Denn der Kreiskolbenantrieb hat zwar gegenüber dem Hubkolbenmotor Vorteile hinsichtlich Leistung und Laufruhe, mit ihm lassen sich aber wegen der vergleichsweise hohen Verbräuche und Emissionswerte nicht die strengen Anforderungen an effiziente und saubere Automobilantriebe erfüllen, die sich bereits Anfang der 1970er-Jahre abzeichnen. Im Fokus der Mercedes-Benz Forschung steht deshalb nun die moderne Dieseltechnik. Um ihre Leistung zu demonstrieren, kommt 1976 auch der C 111 wieder zu Ehren: Im Juni 1976 geht auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Nardò (Süditalien) ein Rekordfahrzeug auf Basis des C 111-II an den Start. Als Antrieb dieses C 111-II D dient ein aufgeladener Fünfzylinder-Dieselmotor, der auf dem Pkw-Serienaggregat der Modelle 240 D 3.0 (Baureihe W 115) und 300 D (Baureihe W 123) basiert. Der innovative Selbstzünder-Sportwagen fährt insgesamt 16 neue Rekorde ein und räumt gründlich mit dem Vorurteil des Dieselmotors als wenig dynamischen Antriebs auf.

Mercedes-Benz  C 111-IID, 1976 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz C 111-IID, 1976 (Bild: Daimler AG)

Technische Daten Mercedes-Benz C 111-IID

  • Einsatz: 1976
  • Motor: Diesel, 5 Zylinder/Reihe, Abgasturbolader und Ladeluftkühlung
  • Hubraum: 2.999 Kubikzentimeter
  • Leistung: 140 kW (190 PS) bei 4.300-4.700/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 260 km/h

Mercedes-Benz Rekordfahrzeug C 111-III (1978)

In der Familie der Mercedes-Benz C 111 Experimental- und Rekordfahrzeuge ist der C 111-III das erste Fahrzeug, das in aller Konsequenz auf bestmögliche Aerodynamik ausgelegt ist. Seine Entwicklung im Jahr 1977 wird durch die erfolgreiche Rekordfahrt des C 111-II D angespornt, der noch weitgehend auf dem Chassis des Wankelmotor-Coupés C 111-II von 1970 basiert. Der neue Rekordwagen erhält eine aerodynamisch optimierte, in ausgedehnten Windkanalversuchen von Grund auf neu entwickelte Karosserie mit einem cW-Wert von nur 0,183. Das Fahrzeug ist schmaler als die C 111 Forschungsfahrzeuge von 1969 und 1970, es hat einen längeren Radstand, und die Vollverkleidung sowie die Heckflosse geben ihm eine perfekte Aerodynamik. Der Reihenfünfzylinder-Turbodiesel unter der silbern lackierten Kunststoff-Karosserie leistet nun 169 kW (230 PS). Im April 1978 erzielt Mercedes-Benz mit diesem C 111-III in Nardò neun neue Weltrekorde, unter anderem über 1.000 Meilen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 319 km/h.

Mercedes-Benz C 111-III, 1978 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz C 111-III, 1978 (Bild: Daimler AG)

Technische Daten Mercedes-Benz C 111-III

  • Einsatz: 1978
  • Motor: Diesel, 5 Zylinder/Reihe, Abgasturbolader und LadeluftkühlungHubraum: 2.999 Kubikzentimeter
  • Leistung: 169 kW (230 PS) bei 4.200-4.600/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 325 km/h

Mercedes-Benz Rekordfahrzeug C 111-IV (1979)

Die Erfolge des C 111-III in Nardò katapultieren nicht nur den Dieselmotor in neue Leistungsdimensionen für die Selbstzünder-Technik, sondern sie lassen das Mercedes-Benz Rekordfahrzeug ganz grundsätzlich zur Spitze der Geschwindigkeitsrekorde seiner Zeit aufrücken. Mit einer weiteren Entwicklungsstufe des C 111 will Mercedes-Benz daher den seit 1975 bestehenden Rundstreckenrekord von Mark Donohue auf Porsche angreifen. Die dafür errechnete Mehrleistung des Antriebs gegenüber dem C 111-III von rund 74 kW (100 PS) ist mit dem Dieselmotor OM 617 jedoch nicht mehr zu erreichen. Für den C 111-IV wählen die Ingenieure deshalb einen V8-Ottomotor. Das Rekordfahrzeug erhält eine auf 4,8 Liter Hubraum aufgebohrte und mit zwei Turboladern ausgerüstete Version des bewährten 4,5-Liter-Motors, der seit 1973 im SL, im SLC und in der S-Klasse zum Einsatz kommt. So erreicht das Fahrzeug eine Leistung von 368 kW (500 PS). Auch die Karosserie wird nochmals gründlich überarbeitet. Unter anderem erhält sie zwei hintere Flossen für mehr Fahrstabilität im Seitenwind sowie tief liegende Front- und Heckspoiler für mehr Abtrieb an Vorder- und Hinterachse. Im Mai 1979 bricht Mercedes-Benz in Nardò wie geplant den Rundstreckenrekord von Donohue und setzt mit 403,978 km/h eine neue Bestmarke. Auch einige Langstreckenrekorde des C 111-III werden übertroffen.

Mercedes-Benz C 111-IV, 1979 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz C 111-IV, 1979 (Bild: Daimler AG)

Technische Daten Mercedes-Benz C 111-IV

  • Einsatz: 1979
  • Motor: Otto, V8, doppelter Abgasturbolader
  • Hubraum: 4.829 Kubikzentimeter
  • Leistung: 368 kW (500 PS) bei 6.000/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 405 km/h
Mercedes-Benz C 111-IV, 1979 (Bild: Daimler AG)
Mercedes-Benz C 111-IV, 1979 (Bild: Daimler AG)

Mehr vom C 111 gibt es auch in diesem Artikel auf MBPKW: Kult-Klassiker:
Mercedes-Benz C 111

(Quelle: Daimler AG, „Sonderausstellung C 111„)

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